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„radikal denken“

Müssen die Banken ihr ­Geschäftsmodell umkrempeln? Thomas Dönnebrink findet:
„Ja.“ Er ist Experte für Plattform-Kooperativen und hält Genossen­schaften für die ideale Organisations­form.

Thomas Doönnebrink

Thomas Dönnebrink, 48, lebt in Berlin und gehört zu den Pionieren beim Thema Plattform-­Kooperativen. Er berät Unternehmen und hält Vorträge sowie Workshops zur kollaborativen Ökonomie. Darüber hinaus gehört Dönnebrink dem Think-Tank OuiShare sowie der Initiative Plat­form Cooperativism an, zwei internationalen Netz­werken aus Vordenkern und Gleichgesinnten, die Modelle und Szenarien für die digitalen Ökosysteme von morgen entwerfen.

Herr Dönnebrink, was prädestiniert Genossenschaftsbanken für digitale Plattformen?
Ich finde, schon allein das Mitgliedermodell spricht dafür. Heute sagt man: Owning is the new Sharing – das ist klassisches Genossenschaftsdenken. Außerdem haben die Banken zwei Joker im Ärmel: Millionen von Mitgliedern und Milliarden an Kapital. Neben ihren ökonomischen Zielen stehen sie aber vor allem für Werte, die den Menschen wieder wichtig sind – allen voran Vertrauen, aber auch Nähe und Tradition.

Aber müssen sie wirklich ihr Geschäftsmodell ändern?
Ja! In Zeiten der Transformation muss man radikal denken und experimentieren. Disruption ist das Stichwort. Je eher sich die Banken hierzu Gedanken machen, desto besser. Interessant scheint mir folgender Ansatz: Kooperationsplattformen, die von den Banken als „Facility Manager“ gefördert oder betrieben werden, und lokale Akteure in Wirtschaft und Gesellschaft zusammenbringen. Gerade die regionale Nähe zu ihren Partnern können die Banken als Mehrwert ausspielen – ihre Plattformen müssten horizontal vernetzt sein, das heißt, eine breite Basis von Teilnehmern vor Ort haben. Dies würde ein echtes Gegengewicht zu den großen Playern wie Airbnb oder Uber setzen, die ihre Macht vertikal ausbauen.

Sehen Sie schon entsprechende Ansätze?
Es gibt ja beispielsweise bereits rund 100 Volksbanken Raiffeisenbanken mit eigenen Crowdfunding-Portalen. Da zeigt sich für mich die Rückkehr zur gemeinschaftlichen Finanzierung von sozialen oder wirtschaftlichen Aktivitäten vor Ort.

Der Abschied vom klassischen Bankwesen dürfte vielen Instituten Sorgen bereiten …
Die Frage ist doch, was ich gewinne, wenn ich mich an auslaufende Geschäftsmodelle klammere. Befand sich unter den ersten Herstellern des Auto­mobils ein einziger Kutschen­bauer? Erinnert sich heute noch jemand an Kodak?

Und was wird aus der guten alten Filiale? Die stationäre Geschäftsstelle ist in Zukunft sicher mehr als Geldautomat und Schalter – sie ist ein Stützpunkt, eine Anlaufstelle für ganz unterschiedliche Lebensbedürfnisse der Menschen. Ob diese Anlaufstelle dann allerdings noch Filiale heißt, ist die Frage.

Felix Weth

genossenschaft 2.0

Felix Weth, 36, Gründer des genossen­schaftlichen Online-Marktplatzes ­Fairmondo eG: „Wir sind eine Genossenschaft 2.0 – das heißt, wir haben das genossenschaftliche Prinzip aufs Internet übertragen und treten dort als Alternative zu Amazon und E-Bay auf. Wir machen User zu Eigentümern und stehen für verantwortungsvollen Konsum sowie nachhaltige Produkte. Und wir sehen uns als Partner der lokalen Händler – die wollen wir mit unserem Netzwerk stärken. Denn gerade sie leiden unter der zunehmenden Dominanz der Online-Kaufhäuser.“

digitales ökosystem bank

Beispiel: Ein Kunde will sich zu Hause eine Fotovoltaikanlage einbauen lassen.

Digitales Ökosystem

Im digitalen Ökosystem lässt sich der Hauseigentümer die Anlage entweder direkt bei der Bank oder über den mit der Bank vernetzten Handwerker finanzieren.